„Die Lebenserwartung ist ein quantitatives Maß, die Gesundheitserwartung ein qualitatives Maß des Lebens“, erläutert Dr. Locher. Die verbesserten medizinischen Versorgungsmöglichkeiten hätten in ganz Europa zu einer messbar höheren Lebenserwartung geführt. Dabei sei die erhöhte Lebenserwartung nicht zwingend mit einer verbesserten Lebensqualität verbunden. Letztendlich sei es nicht so entscheidend, das Leben zu verlängern, sondern wichtig sei, ein gesünderes Leben zu führen und die Arbeitsfähigkeit zu verlängern. Dies besonders vor dem Hintergrund, dass das Renteneintrittsalter in Deutschland in ein höheres Lebensalter verlegt wurde.
„Hier setzt die Arbeitsmedizin an“, berichtet die Leiterin des Werksarztzentrums. Während bislang die betriebsärztliche Tätigkeit und betriebliche Gesundheitsförderung weitestgehend auf Personen bezogen war, indem beispielsweise die Haut, der Rücken oder das Gehör betrachtet wurden, geht es nun darum, das Betriebliche Gesundheitsmanagement flächendeckend in die Unternehmen zu integrieren. „Auf diese Art und Weise wird die Schlüsselfunktion des Betriebsarztes untermauert“, stellt die Arbeitsmedizinerin fest. Wichtig sei, den Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz, aber auch im Rahmen des gesamten Betriebes zu erleben. Erklärtes Ziel sei dabei, die beschwerdefreien Lebensjahre zu verlängern.
Beschwerdefreiheit sei messbar mit Hilfe des Gesundheitsindikators „Beschwerdefreie Lebensjahre“. Er messe die Anzahl der Lebensjahre, die eine Person ab einem bestimmten Alter erwarten kann, voraussichtlich ohne ernsthafte Gesundheitsprobleme noch zu leben. Dieser Indikator werde jedes Jahr vom statistischen Amt der Europäischen Union erhoben. Er ermögliche Aussagen und Vergleiche zur Gesundheit und Wohlbefinden für das einzelne Land, aber auch zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten. Dabei ist festzustellen, dass die Gesundheit der erwerbstätigen Bevölkerung entwicklungsbedürftig, aber auch entwicklungsfähig sei. In dem Zusammenhang sei es wichtig, natur- und sozialwissenschaftliche Konzepte zu verfolgen, damit die Arbeitnehmer beschwerdefrei in Rente gehen und darüber hinaus gesund älter werden können.
Dr. Verena Locher wird die Erkenntnisse aus dieser Arbeit in den kommenden Wochen und Monaten mit in die Mitgliedsbetriebe nehmen und gemeinsam mit den Unternehmen Ansätze verfolgen, die Gesundheit zu verlängern. Bei einigen Firmen befindet sie sich bereits auf einem guten Weg zu einem fundierten Gesundheitsmanagementsystem. Beispielsweise hat sie für einen Baustein davon, dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement, konkrete Verfahrensanweisungen entwickelt. Zudem finden bereits gezielte Gesundheitsfördermaßnahmen zu bestimmten Aspekten und Themen statt. Erreicht werden soll damit auch eine „Gesundheitserziehung“ und Eigenverantwortung der Mitarbeiter für ihre Gesundheit.
Quelle: Die Glocke, 14.02.2017
„Betriebliches Gesundheitsmanagement: Jede Firma kann ihre Mitarbeiter sensibilisieren